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Könnte Bulgarien ohne verabschiedeten Haushalt für 2026 der Eurozone beitreten?

Montag, 1 Dezember 2025, 16:47

Könnte Bulgarien ohne verabschiedeten Haushalt für 2026 der Eurozone beitreten?

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Es besteht die Möglichkeit, dass Bulgarien die Schwelle zur Eurozone überschreitet, ohne dass der Haushaltsplan endgültig verabschiedet ist.

Am 26. November gingen Tausende Bulgaren auf die Straße, um gegen die vorgeschlagene Verteilung der öffentlichen Mittel zu protestieren. Kritiker bezeichneten den Entwurf als ungerecht und äußerten Unmut über die politische Lage im Land.

In der Folge stoppte Bojko Borissow, Vorsitzender der Regierungspartei GERB, das Verfahren für die zweite Lesung des Gesetzes im Parlament. Premierminister Rossen Scheljaskow kündigte an, den Dialog mit Arbeitgebern und Gewerkschaften wieder aufzunehmen.

Wir werden nicht zulassen, dass man uns betrügt“ – unter diesem Motto organisierte die Opposition, vertreten durch die Koalition „Wir setzen die Veränderung fort – Demokratisches Bulgarien“ (PP–DB), einen Warnprotest am 1. Dezember in Sofia und einigen Bezirksstädten. Akademiemitglied Nikolaj Denkow, ehemaliger Premierminister und stellvertretender Vorsitzender der Partei „Wir setzen die Veränderung fort“, bezeichnete ihn als Warnung, dass der Haushaltsentwurf zurückgezogen und grundlegend überarbeitet werden müsse.

Die Überarbeitung des Haushalts kann nicht im Plenarsaal erfolgen, der Prozess muss neu gestartet werden. Wir haben bis zum Jahresende Zeit, notfalls auch zwischen den Feiertagen, um einen Haushalt zu erstellen, der klar, abgestimmt und nachvollziehbar für Unternehmer und Bürger ist“, erklärte Nikolaj Denkow.

Nikolaj Denkow

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Premierminister Scheljaskow betonte, dass nur das Parlament die Rücknahme eines Haushalts nach der ersten Lesung beschließen kann. Ein Neustart des Verfahrens würde mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Als Übergangslösung könnte ein Verlängerungshaushalt für 2025 gelten, der auch im Jahr 2026 angewendet wird. Dies sei besonders wichtig angesichts der geplanten Währungsumstellung von Lewa auf Euro im Januar 2026.

Wenn das Verfahren von vorne beginnt, verlieren wir allein durch die parlamentarischen Abläufe etwa zwei Monate. Ein Übergangshaushalt für 2025 würde im kommenden Jahr gelten und den komplexen Prozess der Euro-Umstellung abfedern. Gleichzeitig bietet er die Möglichkeit, einen optimierten Haushalt mit Änderungsanträgen zwischen erster und zweiter Lesung zu erstellen, falls Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeber sich auf die Parameter einigen“, so Rossen Scheljaskow.

Wenn wir die derzeitigen Wünsche berücksichtigen, bedeutet das weniger Einnahmen und höhere Ausgaben, betonte Scheljaskow und wies darauf hin, dass derzeit Gespräche mit Arbeitgebern und Gewerkschaften stattfinden, die zu einem Konsens führen sollen.

Rossen Scheljaskow

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Wir werden sehen, ob dieser Konsens auch den politischen Ambitionen der Opposition gerecht wird“, sagte der Regierungschef, dem zufolge wir Zeugen der ersten Proteste in der Geschichte gegen einen Haushalt geworden sind, der eine erhebliche Erhöhung der Sozialleistungen vorsieht:

„Es handelt sich nicht um soziale Proteste wie in den Jahren 1996-1997, als vom Haushalt mehr Ausgaben und sozialer Schutz erwartet wurden. Der Haushalt 2026 ist weder links noch rechts. ... Die Proteste vereinten sehr unterschiedliche Gruppen: Gegner des Euro, Befürworter Europas, Liberale, Konservative sowie systemkritische und antisytemische Akteure. Auch Generationenkonflikte spielten eine Rolle. Diese Unzufriedenheit muss adressiert werden, damit darauf reagiert werden kann. Wenn der Konsens darin besteht, mit einem Verlängerungshaushalt für 2025 zu arbeiten, der akzeptabler ist, ist auch dies eine Möglichkeit.“

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Das Verhältnis von BIP zu Schulden steigt, weil es mehr Ausgaben gibt, die hauptsächlich für Sozialleistungen bestimmt sind, betonte der Ministerpräsident und kommentierte die Vorschläge von Ökonomen, über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nachzudenken: „Das können wir uns 2026 definitiv nicht leisten, weil das die Inflation ankurbeln würde. Wir werden alle Vorschläge anhören, die zu einer Erhöhung der Einnahmen führen könnten, aber ich glaube nicht, dass die Öffentlichkeit derzeit eine Kürzung der Ausgaben im Haushalt akzeptieren würde“, sagte Rossen Scheljaskow und ergänzte:

Man kann nicht erwarten, dass ein Haushalt, der den finanziellen Rahmen des Landes bildet, aber die Ansichten der regierenden Mehrheit widerspiegelt, eine vollständige Mehrheit im Parlament und die Unterstützung der Opposition erreicht – einen solchen Haushalt hat es in der bulgarischen Geschichte noch nie gegeben. Es wird also ein Haushalt sein, der angesichts des bevorstehenden schwierigen Jahres ein gewisses Verständnis für Solidarität vermitteln muss. Und das liegt an zwei wichtigen Faktoren: Der eine ist politischer Natur – die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen – und der andere ist sozioökonomischer Natur. Das heißt, die politischen Spannungen werden durch den reibungslosen Übergang zum Euro zusätzlich verschärft. All dies müssen wir berücksichtigen, wenn wir die neuen Parameter des Haushaltsplans ausarbeiten“, erklärte Premierminister Rossen Scheljaskow in der Sendung „Nedelja 150“ das BNR-Inlandsprogramm „Horizont“.


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Zusammengestellt von: Elena Karkalanowa

Übersetzung: Rossiza Radulowa